Moksha hat Abstoßungsreaktionen in der Lunge. Ich habe jemanden sagen hören:“Nach Organtransplantationen ist nicht die Frage ob es Abstoßungsreaktionen gibt sondern wann.“ Mokshas surgery war im April 2014 – viereinhalb Jahre her. Dies sind die ersten Abstoßungsreaktionen seitdem. Eine erste ambulante Behandlung vor Wochen hatte nicht angeschlagen, das ist über eine Bronchoskopie feststellbar. Die zweite findet nun im Krankenhaus statt. Sie ist in diesem Fall sowas wie eine Routinebehandlung. Mögliche Nebenwirkungen müssen kontrollierbar sein. 3 Infusionen an 3 Tagen; wenn alles gut läuft. So lief die erste Infusion, Moksha schlief. 30 Minuten später macht sie die Augen auf, bekommt schlecht Luft, stechende Schmerzen in der Brust. Für den Moment wird es mit jedem Atemzug schlimmer. Zum Glück kennt sie ihren Körper sehr gut, ruft Hilfe, kann genau beschreiben was geschieht, ihre Situation gut einschätzen, und vor allem: RUHE bewahren. Ich lerne, dass das bei Atemproblemen das aller Wichtigste ist. Für einen Moment bin ich erschrocken, Moksha so zu sehen macht mich betroffen. Die Behandlung wird gestopped, die Menschen im Raum wissen offensichtlich genau was sie tun – das Atmen wird wieder leichter. Puhh. Da Moksha diese oder ähnliche Probleme schon ihr ganzes Leben  kennt, ist sie Spezialistin im Umgang damit.  – Schon häufiger habe ich ihrer „Geschichte“ gelauscht. Was es bedeutet sich entscheiden zu müssen zwischen: Atmen, Essen oder Schlafen. Nur eins geht. Und, dass die Entscheidung so häufig für das Atmen gefällt werden muss. Weil ohne den nächsten Atemzug kein Weiterleben. Zutiefst demütig bekommt für mich das so oft gehörte, meditative „Einatmen/Ausatmen“ eine sehr bewusste Tiefe.   Mokshas Atem-/Lungenprobleme haben sie fast umgebracht – die Transplantation ihr Leben gerettet. – Als sie heute wieder einigermaßen normal atmen konnte sagte sie fast gelassen: „I dont know what´s going on in these lungs. The new lungs are not supposed to do that!“ Da war sie wieder – Moksha wie ich sie kenne – so gelassen wie möglich, immer mit einem Teil Humor – wie ernst die Situation auch ist.
Es fanden Untersuchungen statt, um einschätzen zu können was geschehen ist/geschieht. Nach einer Pause geht es weiter, die Infusion läuft nun langsamer. Das Ziel ist es, diese Behandlung heute zuende zu bringen – sonst verzögert sich alles. Und zum Glück – ab jetzt läuft alles sehr gut. Nach einiger Zeit laufen wir gemeinsam über den Flur. Die nurses sind impressed – das scheinen sie mit der Behandlung nicht so häufig zu sehen. Super. Auch in der Nacht bleiben die Nebenwirkungen „mild“, kein hohes Fieber, was wohl häufig geschieht. Wunderbar. Das sind gute Zeichen. Und – die nächsen Infusionen bleiben ohne Nebenwrikungen. Bis auf die  erste Stunde – „the drugs knock you out“ – haben wir viel Zeit zu verbringen…

Wegen des angekündigten heftigen Schneesturms bin ich inziwschen in Mokshas Zimmer „eingezogen“. Das Auto steht im „warmen“ Parkhaus, ist sicher davor unter Schnee begraben zu werden oder noch schlimmer: von Zentimer dickem Eis überzogen zu werden.

Care givers, in diesem Falle ich, werden hier, wie alle Menschen, sehr freundlich aufgenommen und behandelt. Ich werde immer einbezogen, gefragt, gesehen, gehört. Das beeindruckt mich. Ebenso beeindruckt bin ich vom Umgang der hier arbeitenden Menschen untereinander. Das ist nicht nur amerikanisch/oberflächliche Freundlichkeit. Das fühlt sich gut an. Ich habe in den 3 Tagen hier niemanden meckern hören, oder irgendwie das Gefühl gehabt jemand ist „überarbeitet“ oder genervt. Mein Grundgefühl ist sehr positiv – ich glaube, das ist die grundsätzlich positive Einstellung der Menschen – oder das, was sie nach Außen zeigen. Und selbst wenn es nur das ist – es wirkt. und auch schön: Zu erleben wie Moksha mit den Menschen spricht, die hier ins Zimmer kommen. Und das sind viele: EssenBringer, MülleinerLeererinnen, BodenSaubermacher, ZimmerKontrolliererinnen, AllesGutNachfrager, Dr´s, NP´s (Nurse Practitioner´s) RN´s (Registert Nurses), NA´s (Nurse Assistents)… Viele der Erstgenannten sind BlackAmericans (ich habe inzwischen mehrfach nachgefragt, es scheint „politisch korrekt“ das so zu sagen). Den DeepSouthAkkzent den diese sprechen – uiuiuiiii. Bin beruhigt, dass selbst Moksha sagt, dass sie nicht alles versteht. So wird fast jedes Aufzugfahren wie ein paar Momente in einer fremden Welt. Die tiefen Stimmen der großen, dicken, dunkelhäutigen Männer und Frauen –  der Fahrstuhl bebt wenn sie lachen – WOW. Toll. Und auch hier: immer nur freundliche, interssierte Smalltalks. Sie hinterlassen bei mir ein Lächeln.
Moksha erzählt mir noch einiges vom Krankenhaus und der Station. Das Duke Hospital scheint in den USA generell ein sehr „Gutes“ zu sein. Diese Station im Speziellen, eine Pulmonary Step down unit/Progressive Care Unit, ist die nächste nach der Intensivstation. Es gibt einen höhere  Betreuungsschlüssel als auf einer Normalstation und – viele Menschen mit Lungentransplantationen sind hier. D.h., das Personal kennt sich gut aus. Moksha kennt mehrere Menschen, diehier gestorben sind. alle waren mit der Betreuung sehr zufrieden. Ich erleben mehr und mehr warum. Schon nach diesen wenigen Tagen fühlt es sich sehr familiär an. Wie schön, soetwas in einem Krankenhaus zu erleben. Das ist meine 3. sehr intensive und positive „Krankenhauserfahrung“ in diesem Jahr…

 

In diesem Moment ist Mokshas letzte Infusion durchgelaufen. FERTIG!!! Wie schön die Veränderung in ihrem Gesicht zu sehen – ein entspanntes, glückliches Strahlen – es ist geschafft, ohne große Komplikationen.
„You just got a very small taste of North Carolina and a very big one from Duke Hospital!“ sagt Moksha. Wie passend zu dem was ich gerade schrieb.

Nun aber zu der vielen Zeit, die Moksha und ich hier in den letzten Tagen verbracht haben. Ich wundere mich immer wieder über mich selbst, dass ich einfach so Stunden und Tage hier sitzen kann. Einfach nur hier sitzen. Für Moksha da sein wenn notwedig oder gewünscht. Auf „meinem Sessel“, Füße hoch und nix tun – aus der Tür auf den Flur gucken. Viele Menschen laufen dort vorbei, nach einer Zeit kenne ich sie wieder. Die Patienten die ihre Meilen laufen, mit einer Perlenkette die Runden zählen – 15 Runden sind eine Meile. (Moksha ist heute 2 Meilen gelaufen…) In Mokshas Bett, Filme gucken, Musik hören, Essen, erzählen. Und – wann immer möglich – auf Abenteuer in diesem riesigen Krankenhaus: In die neunte Etage: Hubschrauber gucken; alle möglichen Gänge ausspionieren: Bücherschrank, Kakaoautomat finden, sowie alle möglichen Büros; in der 5. Etage: Fische im Aquarium gucken; in der ersten: Welche Süßteilchen gibt es heute in der Kantine? Was hat der giftshop neues im Angebot? Wer bedient heute bei Starbucks? Wann immer unterwegs – Moksha wird oft angelächelt und wegen ihrer „outfits“ angesprochen: „I love your…“. Menschen freuen sich und Moksha hat Spaß daran das Auffallen noch zu verstärken. so wurden einige Spaziergänge auch zu sowas wie „Modenschau“.
Viele Ausflüge fanden, aus gegebenem Anlaß, mit dem Infusionsständer statt – der dann zu einem der größten Spaßobjekte wurde: auf einem langen wenig frequentierten Gang fanden wir heraus, wie man diesen am besten als „scooter“ benutzen kann. Unser kleines Video haben wir freudig den Schwestern präsentiert und alle freuten sich mit uns.

Nun haben wir noch eine Nacht vor uns. Ich auf meinem Schlafsessel. Auch in der nächsten Nacht werden wegen des Schnee/Eisregens keine Hubschrauber fliegen. Das macht die Nacht ruhiger – der Landeplatz ist direkt über uns. Peter ist inziwschen mit Bahn und Bus aus New York zu uns unterwegs. Morgen noch einen Tag in Durham und Raleigh, eine Nacht bei einer Freundin von Moksha – dann geht es zurück nach Florida.
Und – ich hatte es auch schon gedacht: es kann sein, dass wir in den nächsten vier Wochen noch einmal an diesen Ort zurück kommen – der Erfolg dieser Behandlung muss bald mit einer Bronchoskopie untersucht werden. Wann steht noch nicht fest…

 

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